Die Klingenthaler Schanzen:


Chronik des Klingenthaler Skisports

Schanzenrekorde


Großschanze in Klingenthal schon 1932 geplant

Die Projektierung für eine neue Schanze in Klingenthal ist seit 18.11.02 vergeben ("Freie Presse" berichtete). Gebaut werden soll die Anlage am Hang des Schwarzberges im Brunndöbratal. Schon vor 70 Jahren gab es einmal die Idee, dort eine Großschanze zu bauen. Der Fabrikant Howard Willie Meisel legte 1932 dem Gemeinderat Brunndöbra ein entsprechendes Projekt vor. Der Klingenthaler Historiker Kurt Kauert stieß durch Zufall 1990 auf die Unterlagen. Für die Anlage stand ein nutzbarer Höhenunterschied von 130 Metern zur Verfügung. Meisel plante eine Schanze mit einem 110 Meter langen Anlauf und einem K-Punkt bei 150 Metern - aus heutiger Sicht also eine Flugschanze.

Ein gigantisches Vorhaben zur damaligen Zeit, wenn man in Rechnung stellt, dass 1932 der Weltrekord im Skispringen bei 82 Metern stand, aufgestellt in jenem Winter vom Kanadier Robert Lymburne in Rovelstoke (Kanada).
Howard Willi Meisel versprach sich vom Bau der "Böllerschanze", wie er sie nannte, eine Belebung von Handel, Gewerbe und Verkehr im Aschberggebiet. Deutschland war bekanntlich von der Weltwirtschaftskrise besonders hart betroffen. Die Bauarbeiten sollten vom Arbeitsdienst übernommen werden, einer Organisation, mit der in der Weimarer Republik die Massenarbeitslosigkeit bekämpft werden sollte.
Meisel hatte bei seinem Projekt auch die Olympischen Spiele 1936 im Blick. "Es darf jedoch keine Zeit verloren werden. Schon im nächsten Winter muss sich zeigen, wo die schönste, beste Weltrekordschanze für die große Olympiade im Jahre 1936 zur Verfügung steht. Auf zum Kampf gegen Partenkirchen, dass durch unsere besseren Anlagen unterliegen muss", schrieb er.  Meisel plante, wie den Schriftstücken zu entnehmen ist, gleichzeitig Anlagen für Eishockey, Bob und Rodeln. Diese Unterlagen konnte Kurt Kauert bislang nicht finden. Im gleichen Jahr entwarf Meisel übrigens auch das Projekt "Bad Mittelberg", mit dem im Klingenthaler Raum unter Nutzung von den Wässern der Radiumquelle im Steinbachtal und der Beilehen-Quelle den westböhmischen Heilbädern eine "beachtenswerte Konkurrenz" entstehen sollte.
Howard Willie Meisel hat das Schanzenprojekt in Bezug auf die Größe noch einmal reduziert. Das Vorhaben fand die Zustimmung von Bürgermeister Schraps. Die Bereitstellung des Waldareals wurde aber durch den zuständigen Oberförster von Stieglitz und durch die Landesforstdirektion Dresden abgelehnt.
Die Vergabe der Olympischen Spiele an Garmisch-Partenkirchen erfolgte am 8. Juni 1933 in Wien. Die beiden Gemeinden Partenkirchen und Garmisch hatten im November 1932 beim Deutschen Olympiaausschuss die Unterstützung für ihre Bewerbung beantragt und auch erhalten. Das Projekt von Howard Willie Meisel war damit endgültig erledigt und geriet in Versessenheit.

Quelle: Freie Presse, 22. November 2002

Anmerkung:    Der erste Klingenthaler, der die 100-Meter-Marke übersprang war nach eigener Aussage Paul Schneidenbach (Deutscher Meister von 1937) am 2. März 1941 in Planica (damals Jugoslawien, heute Slowenien). Bei diesem Wettkampf stellte Paul Krauß aus Johanngeorgenstadt mit 112 Metern einen Weltrekord auf, der aber noch am gleichen Tag vom Thüringer Rudi Gehring um sechs Meter überboten wurde. Erster Klingenthaler Weltrekordler im Skifliegen war Heinz Wosipiwo, der am 9. März 1973 in Obersdorf 169 Meter erreichte. Klaus Ostwald konnte am 18. März 1979 in Planica die am 5. März 1976 von Anton Innauer (Österreich) in Oberstdorf aufgestellt Rekordmarke von 176 Metern egalisieren.